Mysterien der (digitalen) Kommunikation/ Teil 3: die vier Seiten einer Nachricht


Weshalb Kommunikation manchmal schief geht

Die aus der zwischenmenschlichen Kommunikation entstehenden Missverständnisse können für jede Menge Zündstoff sorgen. Richtig kompliziert wird es meistens dann, wenn das, was man von sich gibt, nicht in der geplanten Form beim anderen ankommt. Sie merken das beispielsweise daran, dass jemand auf eine völlig harmlos gemeinte Bemerkung mit wüsten Beleidigungen kontert oder etwas tut, womit Sie überhaupt nicht gerechnet haben.„In den falschen Hals kriegen“ nennt man die entsprechende Reaktion sehr treffend.

Irgendetwas ist schief gelaufen und schon gehen die Konflikte los. Woran liegt das?

Die vier Seiten einer (whatsapp-) Nachricht

Um die Ursachen hierfür besser nachvollziehen zu können, hat der Psychologe und Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun das Modell des Kommunikationsquadrats, vielen bekannt als „Die vier Seiten einer Nachricht“ erstellt. Es wurde natürlich für die reale Welt und nicht für die Kommunikation in Messengern erarbeitet. Dennoch erklärt es sehr gut, was grundsätzlich schief gehen kann und weshalb das für die Betroffenen so unangenehm ist.

In dieser Theorie wird zunächst zwischen dem „Absender“, also der Person, die eine Nachricht von sich gibt und dem „Empfänger“, also der Person, die sie erhält, unterschieden.

Jede Nachricht ist dabei grundsätzlich einer oder mehrerer der vier (unsichtbaren) Ebenen der Kommunikation zuzuordnen:

  • Sachebene
  • Beziehungsebene
  • Selbstoffenbarungsebene
  • Appellebene

Sender und Empfänger werden sich in der Regel nur selten bewusst darüber Gedanken machen, auf welcher Ebene sie mit ihrer Nachricht agieren. Doch sind genau diese unsichtbaren Zuordnungen für eine Vielzahl von Konflikten verantwortlich! Dann nämlich, wenn der Sender sich auf einer völlig anderen Ebene bewegt als der Empfänger.

Zum besseren Verständnis hier ein Beispiel:

Eine Ehefrau betritt die Wohnung und findet zwei Paar Schuhe ihres Gatten quer über den Flur verteilt vor. Sie ruft „Im Flur liegen Schuhe von dir!“. Und schon geht es los mit den unsichtbaren Fallstricken der Kommunikation. Denn, von welcher der vier Ebenen sendet die Frau ihre Nachricht? Oder besser gefragt: was meint sie damit wirklich?

Auf der Sachebene würde die Botschaft der Senderin lauten „Hier liegt etwas!“ (falls die Gattin tiefenentspannt ist und kein Problem mit Stolperfallen in der Wohnung hat). Geht dieser Frau die Beziehungsebene im Kopf herum, lautet die (unausgesprochene) Botschaft hinter dieser Nachricht „Mir geht es tierisch auf die Nerven, dass du dein Zeug nie aufräumst, obwohl ich dich ständig darum bitte!“. Bewegt sie sich momentan auf der Selbstoffenbarungsebene, ist die versteckte Botschaft womöglich „Immer bin ICH diejenige, die nachgibt und den anderen ihren Kram hinterherräumt! Mir reichts!“. Vielleicht hofft die Ehefrau auch auf eine wirkungsvolle Botschaft auf der Appellebene und meint insgeheim „Jetzt räum‘ doch endlich mal dein Zeug selber auf!“

Wie sie gesehen haben, können sich hinter einer vermeintlich eindeutigen Nachricht des Senders ganz andere, verborgene Botschaften verbergen.
Doch das ist noch nicht alles: das gleiche Spiel mit dem Einsortieren in verschiedenen Ebenen läuft natürlich auch beim Empfänger dieser Nachricht ab!

In unserem Beispiel kann der Ehemann die Nachricht seiner Gattin auf der Sachebene „Es liegen Schuhe herum“ wahrnehmen und sich innerlich  (falls nichts von der Senderin hinzukommt) fragen „Ja und?“. Vielleicht landet der Hinweis seiner Gattin bei ihm aber auf der Beziehungsebene und wird mit „Jetzt meckert die schon wieder an mir herum! Was habe ich denn jetzt schon wieder falschgemacht!?“ interpretiert. Auf der Selbstoffenbarungsebene würde die Bemerkung über die Schuhe vielleicht den Gedanken „Möglicherweise habe ich etwas gemacht, was nicht gut ankommt. Ordnung war noch nie meine Stärke“ beim Empfänger auslösen. Und auf der Appellebene „Ich sollte jetzt wohl besser meinen Kram aufräumen“.

Selbstverständlich ist auch immer eine Kombination der verschiedenen Ebenen möglich, sowohl beim Absender als auch beim Empfänger.

Der Krach ist in all jenen Fällen vorprogrammiert, wenn Absender und Empfänger eine Nachricht auf völlig verschiedenen Ebenen einordnen. Wenn also beispielsweise in unserem Beispiel der Appell der Ehefrau („Jetzt räum‘ doch endlich mal dein Zeug selber auf!“) auf der Beziehungsebene des Gatten („Jetzt meckert die schon wieder an mir herum! “) landet. Was dann passiert, kann man sich leicht ausmalen.

Keine Panik!

Das klingt jetzt alles furchtbar kompliziert, doch es gibt einen ganz einfachen Trick, durch den man kann solche Konflikte häufig entschärfen kann: fragen Sie im Zweifelsfall einfach nach, wie denn der Sender seine Nachricht gemeint hat, was er/ sie uns damit sagen will und ob Sie ihn richtig verstanden haben. Als Empfänger können Sie bei Bedarf beispielsweise durch die Frage „Verstehe ich dich richtig, dass du….?“ nachhaken. Eine Zusammenfassung des eigenen Verständnisses einer Aussage hilft in beiden Fällen sehr gut. In unserem Beispiel könnte der Ehemann sich erst einmal ganz sachlich erkundigen, ob er öfter mal seine Sachen aufräumen sollte, bevor er selbst wütend wird und ein Streit ausbricht.  Nachfragen ist eine sehr gute Strategie um zu vermeiden, dass man das (für die andere Person) „Falsche“ versteht, sagt oder tut. Selbstverständlich muss sich nicht rund um die Uhr im kommunikativen Alarmmodus bewegen, doch spätestens dann, wenn die Stimmung angespannt wirkt, lohnt sich die Anwendung dieser Taktik.

All das bedeutet natürlich nicht, dass die Erkenntnis über die jeweilige Kommunikationsebene automatisch zu absoluter Harmonie führt! Sie nimmt allerdings den unsichtbaren Mächten im Hintergrund viel Wind aus den Segeln und hilft damit, Konflikte zu vermeiden und zu entschärfen.

Sie ahnen vermutlich, wo all das nicht mehr so leicht funktioniert? Richtig!

Im realen Leben mag die Theorie des Kommunikationsquadrats vieles erleichtern, doch wie soll man solche Strategien in der digitalen Welt anwenden? Die Tatsache, dass Sender und Empfänger auf bestimmten Ebenen kommunizieren, gilt ja auch dort und das Schlimme dabei ist, dass in der digitalen Kommunikation sämtliche non-verbalen (Warn-) Signale fehlen. Sowohl beim Sender als auch beim Empfänger. Ein mürrisches Gesicht ziehen, wenn jemand eine dumme Bemerkung gemacht hat und darauf hoffen, dass der betreffenden Person dies auffällt, nützt dort nichts mehr. Überhaupt sind die Reaktionsmöglichkeiten in Messengern überaus beschränkt, oder haben Sie Zeit und Muße ellenlange Texte bei whatsapp zu tippen? Selbst die beliebten Emojis bieten nur unzulänglichen Ersatz.

Was soll man also tun, wenn man irgendwann in Messengerdiensten mit Leuten konfrontiert wird, die sich wie die Axt im Walde verhalten?

Lernen Sie in Teil 4 unserer Artikelserie unsere Tipps aus der Praxis kennen!

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Barbara Gruber-Stahl, M.A.

(Fotos: Pixabay)
Graphik: privat

©Copyright: Barbara Gruber-Stahl 2023, alle Rechte vorbehalten

(Überarbeitet 2023/ Originalartikel erschien 2021)

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