Mysterien der (digitalen) Kommunikation/ Teil 2: allein in der Wildnis von whatsapp

Wer ein Smartphone besitzt und mit Freunden und Bekannten in Kontakt bleiben will, sieht sich irgendwann geradezu genötigt, bei whatsapp einzusteigen. Zwar liest man viel Beunruhigendes über den dort praktizierten Datenschutz, doch was nützen Messenger mit höheren Sicherheitsstandards wie beispielsweise Threema oder Signal, wenn diese (noch) kaum jemand benutzt?

Dann also lieber in den sauren Apfel namens whatsapp beissen….was allerdings bei vielen bald den Blutdruck steigen lässt. Wie eine kleine und selbstverständlich nicht repräsentative Umfrage in unserem Umfeld ergab, existieren einige Faktoren, die vielen Menschen bei der Nutzung von Messengern schlichtweg auf die Nerven gehen. Einige davon stellen wir Ihnen nachfolgend vor.

Manege frei!
Kaum ist der eigene whatsapp-Account in Betrieb, bekommt man ein Potpourri an Nachrichten von Leuten, von denen man gar nicht mehr wusste, dass deren Nummer im Telefonbuch gespeichert war. Sind diese nämlich ebenfalls bei diesem Messenger registriert, erhalten sie (sofern das die Neuankömmlinge nicht in Ihren eigenen Profileinstellungen verhindert haben) eine Mitteilung, dass einer ihrer Telefonkontakte nun ebenfalls bei whatsapp erreichbar ist. Was natürlich Reaktionen seitens der hiervon Informierten auslöst. Gerne in Form komprimierter Botschaften wie „hallo!“ oder dem „Daumen hoch“-Icon.

Entspannt sich daraus eine Konversation, ist das ja ganz nett. Anders sieht es aus, wenn man auf eine freundliche Antwort seinerseits nur Schweigen im Walde erntet. Keine Sorge! Das liegt nicht etwa an Ihnen, sondern an den Eigenheiten der digitalen Kommunikation. Die geschilderte Nicht-Reaktion ist nur die erste Merkwürdigkeit, die in Messengern auffällt. Einige Leute scheinen dort nur immer Informationen (welcher Art auch immer) zu verteilen, aber nie auf irgendetwas reagieren zu können. Diesen und anderen „Schweigern“ bei whatsapp werden Sie auch künftig nie eine Antwort auf irgendetwas entlocken. Eine ziemlich einseitige Angelegenheit also.

Doch bald schon naht reger Austausch: Falls Sie von Ihren Kontakten Einladungen in diverse whatsapp-Gruppen erhalten, sind Sie schon mittendrin im typischen Geschehen auf einer Messenger-Plattform.

Spätestens jetzt rächt es sich, wenn man den Anfängerfehler begeht und die optischen oder akustischen Signale über neu eingetroffene „Nachrichten“ für diese whatsapp-Gruppe nicht abgestellt hat. Speziell bei einer Mitgliedschaft in Gruppen summt und blinkt das Smartphone an manchen Tagen im Minutentakt. Dann nämlich, wenn beispielsweise eine Sportkollegin von Ihnen in der Vereinsgruppe ein lustiges Video eingestellt hat, welches von den anderen 50 Mitgliedern eifrig kommentiert wird. Jede dieser Reaktionen bewirkt wiederum eine Benachrichtigung auf Ihrem Handy, welche das Gerät in einen summenden und blinkenden Bienenkorb verwandeln.

Aber auch jenseits von Gruppen ist die Weiterleitung von Videos sehr beliebt. Wenn Sie Pech haben, werden Sie mehrmals täglich von Ihren Kontakten damit „beglückt“. Die Dauer der Filme liegt dabei zwischen wenigen Sekunden und zwanzig Minuten oder mehr. Ganz ehrlich: Wenn Sie all diese Filme auch nur halbwegs sichten würden, säßen Sie täglich Stunden vor dem Gerät.

Gerne weitergeleitet werden auch „Sinnsprüche“ à la „Ein Freund ist jemand, bei dem man morgens um vier zum Pfannkuchenessen klingeln kann!“ (Echt jetzt? Hoffentlich setzt der Absender das nicht demnächst in die Tat um!)
Weiter geht es mit Kettenbriefen im Stil von „Wenn du diese Nachricht an fünfzehn Freunde weiterleitest, wirst du am Ende der Woche Glück haben!“.

Falls das tatsächlich funktionieren würde, bliebe Ihnen vielleicht ein weiterer Zeitfresser in Form von inhaltsleeren Sprachnachrichten erspart. Beispielsweise die einer früheren Kollegin, die Ihnen alle paar Tage auf diese Weise Monologe unterbreitet, in denen sie geschlagene 15 Minuten jammert, wie gemein alle zu ihr sind. Und wieder ist durch das Zuhören eine Viertelstunde Lebenszeit futsch. (Hat diese Frau Ihnen jemals zugehört? Vermutlich nicht.)
Wer Glück hat, erhält nur selten die Variante Sprachnachrichten à la Kater Tom, bei denen man den mit verzerrter Stimme aufgezeichneten Grüßen von Bekannten lauschen soll. Deren Dauer: siehe Videos.

Unangenehm wird es auch, wenn sich unter Ihren Kontakten einer oder mehrere dieser menschlichen Spambots befinden, welche Ihren whatsapp-Nachrichteneingang mehrmals täglich mit Bildern fluten, die wahlweise mit „guten Morgen“, „guten Abend“, „schönes Wochenende“, „schönen Montag, Dienstag, Mittwoch…“ usw. untertitelt sind.

A propos „gute Wünsche“. Würden Sie abgelegte Weihnachtskarten an andere weiterschicken? Vermutlich nicht. Wieso glauben dann so viele, dass „persönliche Grüße“ in Form von standardisierten „Grußkarten“, denen jedes persönliche Wort fehlt und die von whatsapp mit dem Vermerk „besonders häufig weitergeleitet“ gekennzeichnet werden, bei den Empfängern für Begeisterung sorgen?

Falls Sie jetzt meinen, ohne eigene Aktivitäten könnten Sie nie Konflikte bei whatsapp auslösen, täuschen Sie sich. Ins Fettnäpfchen treten kann man zum Beispiel schnell, wenn man die Statusmeldungen bestimmter User nicht in der jeweils gewünschten Form würdigt. Wenn Ihre Kollegin beispielsweise täglich ein zehnminütiges Video oder eine Vielzahl von Fotos ihrer aktuellen Kreuzfahrt in ihren Status einstellt und Sie diese keines Blicks würdigen, bleibt dies keinesfalls unbemerkt. Die gute Frau sieht sofort, ob Sie ihren Status angesehen haben und wenn Sie nicht auf der entsprechenden Liste stehen, können schnell beleidigte Rückfragen kommen.

Unsere Aufzählung ist sicher nicht vollständig, doch einige grobe Schlussfolgerungen lässt sie zu: es ist nicht gerade einfach auf Messengern einen echten Dialog zu führen. Sehr oft läuft die Kommunikation auf reine Monologe hinaus und wer auf whatsapp als Mittel gegen die Einsamkeit gesetzt hat, fühlt sich irgendwann ziemlich enttäuscht. Echte Gespräche fühlen sich schlichtweg besser an und last but not least fühlen sich viele Menschen von der ständigen Berieselung durch andere nur noch genervt.

Was im realen Leben in der Kommunikation mit anderen stresst, vervielfältigt sich in der digitalen Welt. Das Schlimme daran ist, dass die Reaktionsmöglichkeiten in Messengern noch begrenzter sind als in der realen Welt.

Falls Sie jetzt mehr darüber erfahren wollen, weshalb Kommunikation generell so schwierig sein kann, klicken Sie auf Teil 3 unserer Artikelserie.
Einige Tipps aus der Praxis gegen den „Nervfaktor whatsapp“ erhalten Sie in Teil 4.

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Barbara Gruber-Stahl, M.A.

(Fotos: Pixabay)

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